Chefarzt Prof. Dr. med. Berthold Jany fordert ein konsequentes Tabak-Werbeverbot
Veröffentlicht: 24. Okt 2016
Chefarzt Prof. Dr. med. Berthold Jany fordert mit weiteren 127 führenden Medizinprofessoren ein konsequentes Tabak-Werbeverbot
Professor Dr. med. Berthold Jany, Chefarzt der Inneren Medizin der Missionsärztlichen Klinik, ist seit März 2015 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Jüngst initiierte er gemeinsam mit weiteren 127 Medizinprofessoren einen Appell an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, die bestehenden Tabakwerbeverbote endlich auszuweiten (der SPIEGEL berichtete).
1) Herr Professor Dr. Jany, andere Länder wie z. B. Bulgarien sind konsequenter und stringenter, wenn es um Werbeverbote für Tabak geht. Was muss hierzulande rasch geschehen?
Wir haben eine Ausweitung des Tabak-Werbeverbotes gefordert, das momentan als Gesetzentwurf vorliegt. Der Gesetzentwurf war bereits vom Kabinett verabschiedet und stand auf dem Programm einer Parlamentssitzung im Juli. Seltsamerweise wurde dieser wieder vom Programm genommen.
Im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf fordern wir allerdings ein Gesetz ohne Ausnahmen. Deutschland ist mittlerweile das einzige EU-Land, in dem es der Tabakindustrie noch erlaubt ist Plakate an Häuserwände zu kleben oder im Kino zu werben. Eine bedauernswerte Rückständigkeit für ein Land wie Deutschland.
Meine Kollegen, die Unterzeichner des Aufrufs, kommen aus den Fachgebieten Pneumologie, Kardiologie, Angiologie, Onkologie, Pädiatrie und Arbeits- und Umweltmedizin. An diese Fachrichtungen wenden sich die Menschen am häufigsten, wenn sie an einer oder mehreren der vielen tabakbedingten Erkrankungen leiden.
2) Warum machen sich gerade jetzt so viele führende Ärztinnen und Ärzte fachübergreifend für ein konsequentes Werbeverbot stark?
Rauchen schadet nahezu jedem Organ im menschlichen Körper. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass für ein derart gesundheitsgefährdendes Verbraucherprodukt an unseren Straßen, Bus- und S-Bahnstationen nach wie vor geworben werden darf. Das momentane Tabakwerbeverbot muss jetzt endlich auch für den öffentlichen Außenbereich gelten. Es ist für uns Ärztinnen und Ärzte, die wir täglich tabakrauchbedingte Erkrankungen behandeln, schwer erträglich zu sehen, dass die Politik angesichts des unendlichen Leids der Betroffenen immer noch zögert, zu handeln.
3) Als Präsident der DGP sind Sie ja nicht allein mit Ihrem Appell an die Bundesregierung?
Das bereits für Printmedien, Funk und Fernsehen sowie für das Internet bestehende Tabakwerbeverbot muss jetzt endlich auch für den öffentlichen Außenbereich gelten. Diese politische Forderung wird auch von anderen betroffenen medizinischen Fachgesellschaften sowie von der Bundesärztekammer und dem Marburger Bund erhoben. Und wir haben auch die breite Öffentlichkeit weitgehend auf unserer Seite. Jeder sollte verstehen, dass es sich nicht um eine Einschränkung der Freiheit handelt, sondern um den Schutz der Gesundheit. Tabakwerbung hat das Ziel, junge Nichtraucher zum Rauchen zu veranlassen und Rauchern den Ausstieg aus der Tabakabhängigkeit schwer zu machen. Die Ergebnisse und negativen Folgen sehen wir Ärzte tagtäglich in unserer Praxis.
4) Was wünschen Sie sich für die Zukunft bzw. was ist noch zu tun?
Die Sterblichkeit von Frauen an Lungenkrebs ist inzwischen erstmalig höher als die Sterblichkeit an Brustkrebs. Eine Entwicklung, die mit der Zunahme des Zigarettenrauchens bei Frauen in den letzten 40 Jahren zusammenhängt. Aber auch bei anderen Erkrankungen müssen wir besser vorsorgen: Jeder Raucher soll eine Messung der Lungenfunktion erhalten. Zigarettenrauchen ist als wichtigster Faktor für die Entstehung von chronischen Lungenerkrankungen bekannt – darauf müssen wir als Ärzte noch konsequenter reagieren. Prävention und Vorsorge ergänzen sich, aber ein konsequentes Werbeverbot ist unabdingbar.
Vielen Dank für das Interview, Herr Professor Jany.
Das Interview können Sie sich auch hier als PDF laden.